BDSM für Einsteiger:innen: Toxische vs. gesunde Dominanz erklärt

Ein schwarzer kleiner Hand-Flogger auf einem dunkelroten Samttuch

Dominanz, ein so großes Thema im BDSM, ein Wort mit viel Kraft und Freiheit darin. Ob die Dominanz dabei im Spiel mit den Seilen, Impact Play, der Hypnose oder einem anderen Kink auftritt, ist dabei weniger wichtig, als WIE die Dominanz dabei gelebt wird. Leider gibt es aus meiner Sicht einige – vorweg leider männlich gelesene – Personen, welche das Wort Dominanz falsch verstehen oder zumindest anwenden, wo nicht verstanden wird, was Dominanz ist und was nicht.

Disclaimer: Das hier ist MEINE Sicht auf die Dinge, die sich durch mein Leben in der BDSM-Community, als Awareness-Person für verschiedene Partys und dem Leben als Kinkster, sowohl privat als auch professionell, gebildet hat. Das heißt nicht, dass meine Meinung die absolut richtige ist, sondern nur, dass sie genau das ist, MEINE MEINUNG. Ich hoffe, dass der Text gerade Neulingen helfen kann, das Thema für sich besser einschätzen zu können, um so eine bewusster Wahl der Partnerperson zu treffen. Das Ziel ist, dass mit diesen Informationen eine submissive Person einfacher eine nicht-toxische dominante Person findet und erkennen kann und eine dominante Person bewusster toxischem Verhalten entgegenwirken kann. Ich freue mich über jeden Kommentar unter diesem Post, der das Thema erweitert oder weitere Sichtweisen dazu hat. Doch genug der Worte, lasst uns einsteigen.

Dominant ist nicht, wer am härtesten zuschlägt

Lass mich direkt mit einem Mythos aufräumen:

Dominanz hat nichts mit Härte allein zu tun.

Ich habe schon erlebt, dass Menschen dachten, sie wären dominant, weil sie hart zuschlagen können, oder weil sie die Meinung ihrer Subs ignoriert haben, wie sie “ganz dominant” nur noch gemacht haben, was sie wollten und einen Scheiß darauf gegeben haben, was ihr:e Sub wollte, weil sie außer “Gewalt” keine andere Form von Dominanz kannten. Und das ist aus meiner Sicht absoluter Schwachsinn. Dominanz ist die Haltung hinter der Handlung, die Führung und so viel mehr als nur Gewalt. Wer einfach nur hart zuschlägt, damit er hart zugeschlagen hat, nimmt Dominanz nur als Versteck dafür, dass er gewalttätig ist.

Andererseits, habe ich Menschen erlebt, die mit unfassbarer Sanftheit dominiert haben – durch Stimme, Blick, Präsenz. Diese Art der Dominanz wird von vielen Fake-Doms abgestempelt mit: “Das ist keine Dominanz.” Doch meine Sicht dazu ist eine andere.

Natürlich kann Dominanz bedeuten, jemanden mit einem Flogger oder Paddle zu schlagen. Im richtigen Maß, im richtigen Moment und an der richtigen Stelle. Und am wichtigsten, mit dem Konsens der Person, die geschlagen wird.

Dominanz kann aber auch sein, jemanden fest an sich zu ziehen, zu halten und zu trösten, liebevoll über den Nacken streicheln und ein “Du gehörst mir” ins Ohr zu flüstern. Dominanz ist so wunderbar abwechslungsreich und kann in so viele Facetten kommen. Dominanz kann mit Schmerzen für die submissive Person einhergehen, manchmal sogar mit sehr viel Schmerzen, manchmal sogar, ohne weitere Nachfragen (CNC; komme ich gleich noch drauf zu sprechen). Doch Dominanz ist nicht der Schmerz. Dominanz ist die Haltung, die Persönlichkeit, die Verantwortung, die ich entgegennehme und um die ich mich kümmere.

Als dominante Person bin ich verantwortlich für mein Wohlergehen, als auch für das Wohlergehen meiner submissiven Person, und das Erkennen und Wahren von Grenzen.

Toxisch wird Dominanz, wenn sie nur Macht will – ohne Verantwortung

Toxische Dominanz erkennt man daran, dass sie nicht zuhört.

Toxische Dominanz setzt sich bewusst über Grenzen hinweg, die eingehalten werden sollten, ist egoistisch und dient nur der eigenen Befriedigung. Die andere Person ist nur noch ein Objekt, das zufällig bei diesem Spiel dabei ist, ohne aber wirklich ein Teil des Spiels zu sein.

Es geht nicht darum, was gemacht wird. Ein toxisches Spiel und ein gesundes dominantes Spiel können von außen absolut gleich aussehen. Doch die Haltung der dominanten Person, die Beweggründe und das Anerkennen der Grenzen innerhalb des Spiels, sind ein Teil der Innenwelt, die den Unterschied machen.

Wer nur die Macht über die andere Person haben will zu tun, was man möchte, ohne die Verantwortung der (After-)Care zu tragen, ist das Problem.

Wenn die Macht in sich selbst das ist, worauf es ankommt, darauf, dass die nächste Person gefesselt, die nächste Person hypnotisiert, die nächste Person unterworfen wurde, der Mensch dabei aber noch nicht einmal als Objekt ein Teil der Fantasie ist, sondern nur ein “notwendiges Übel”, um die Macht ausleben zu können, dann ist das ein Problem toxischer Dominanz.

Gesunde Dominanz ist klar und verantwortungsvoll

Wahre Dominanz braucht keine Show. Sie braucht kein Insta-Profil mit Peitschen und Seilen. Auch wenn das an und für sich kein Problem ist. Sie braucht auch keine 30 Minuten Reden darüber, wie krass man ist.

Sie braucht ein inneres Ja zur Verantwortung. Zu sich selbst und zu dem Moment, den man zusammen entstehen lässt.

Dominanz ist es, zu den Fehlern zu stehen, die im Spiel gemacht wurden, und dafür geradezustehen. Jedem können Fehler passieren und das ist okay, man muss nicht Fehlerfrei sein um Dominant zu sein, aber zu seinen Fehlern stehen und diese wieder gut machen. Auch gehört die Aftercare nach dem Spiel dazu, egal ob etwas schiefgelaufen ist oder nicht. Für das Fragen: “Wie wollen wir zusammen spielen und was sind dabei die Grenzen?”. Für das Anerkennen der Grenzen ohne “.. aber ich bin auch ganz vorsichtig, wenn ich deine Grenze ignoriere..”, sondern ein “… danke, dass du die Grenze setzt und mit mir darüber sprichst”.

Dominanz kann sein, die submissive Person in den Arm zu nehmen, einen Tee zu bringen oder auch zu sagen, “sprich mit anderen darüber, mach dir Gedanken, ob du das wirklich möchtest”. Für mich ist es Dominanz, wenn mein Gegenüber sich öffnet, mir sagt, was okay ist, was nicht, mir Grenzen setzt, obwohl die Person weiß, dass ich das gerne mag. Dominanz gibt Raum und nimmt ihn nicht weg.

Und ja – Dominanz kann auch tief gehen. Kontrollierend sein. Machtvoll. Kann ein Triggerwort sein, das dich in Sekundenschnelle in die Knie zwingt – wenn du es willst. Und wenn du weißt, wenn nötig, wirst du aufgefangen.

Gegenbild: Insta-Doms & „50 Shades of Bullshit“

Was ich noch kurz loswerden will.

„50 Shades“ ist KEIN BDSM-Lehrbuch. Es ist ein romantisiertes Beispiel für emotionalen Missbrauch. Das ist inzwischen hoffentlich allen klar geworden. Christian Grey ist kein Dom. Er ist ein Kontrollfreak, der sich nicht mit eigenen Themen auseinandersetzt und seine Macht als Ersatz für Nähe benutzt. Und Insta-Doms? Wenn jemand dich ungefragt anschreibt mit „Du bist jetzt meine Sub“ – blockieren. Kein Gespräch. Kein Dialog. Kein Interesse.

Dominanz fängt nicht mit Besitz an – sondern mit Beziehung.

Kurzes aber für CNC

Mir ist bewusst, dass es CNC (Consensual non consent || DE = „Einvernehmliche Nichtzustimmung“) gibt. Das hier der dominante Part machen kann, was diese Person möchte. Das widerspricht ein wenig meinem obigen “alles mit Konsens”, allerdings wird auch dort normalerweise darüber gesprochen, was okay ist oder was ein hartes Limit ist. Und wenn die Aussage ist “ich möchte, dass du meine Limits ignorierst und mit mir tust, was immer du möchtest” ist auch das ein gewisser Konsens. Wobei aus meiner persönlichen Sicht CNC nichts für Anfänger ist.

Für submissive Menschen – wie du bessere Doms findest

Wenn du submissiv bist und neu in dieser Welt:

Bitte suche dir Menschen, die dich hören wollen, die dir Fragen stellen, die sich selbst hinterfragen, die dich nicht nur benutzen wollen – sondern mit dir gestalten. Ein guter Dom fragt dich, was du möchtest, nicht nur, was du nicht möchtest. Ein guter Dom akzeptiert ein “Nein”, egal ob er unbedingt möchte oder nicht. Ein guter Dom passt auf dich auf und kümmert sich um dich, das kann auch die Nachfrage am nächsten Tag sein “Hey, unser Spiel gestern war intensiv, wie geht es dir heute damit?”

Schau nicht nur auf die Haltung und wie sich die Person zeigt. Hör auf die Haltung hinter der Haltung.

Zum Schluss

Das Spiel mit Dominanz ist etwas Wunderbares. Es gibt viele Facetten davon, und du kannst daran wachsen, wenn du deine Rolle als dominante Person ernst nimmst. Du wirst nicht nur über die andere Person, sondern auch über dich selbst viel lernen. (Okay, ich glaube, das ist in BDSM fast überall der Fall ^^ )

Wahre Dominanz braucht keine Gewalt, um sich durchzusetzen. Es kann auch einfach ein leises, bestimmtes “Nein” sein, das mit Integrität gesprochen wird. Führung, die gegeben wird. Egal ob ihr Dominanz gebt oder nehmt, wählt mit bedacht, wo Dominanz auftreten darf und seid euch eurer Grenzen bewusst. Das Spiel mit den richtigen Personen macht sehr viel Spaß.

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