BDSM ist eine breite Palette von sexuellen Praktiken, die Macht, Kontrolle und Schmerz als Teil des Vergnügens beinhalten können. Diese Praktiken können sehr intensiv und intim sein, und erfordern oft ein hohes Maß an Vertrauen und Verantwortungsbewusstsein zwischen allen Spielpartner:innen. Aus diesem Grund haben sich im Laufe der Jahre verschiedene BDSM-Philosophien entwickelt, die darauf abzielen, eine sichere, einvernehmliche und verantwortungsbewusste Praxis von BDSM zu fördern.
In diesem Blogbeitrag werde ich einige der bekanntesten BDSM-Philosophien erklären und untersuchen, wie sie dazu beitragen können, die Praktiken des BDSM sicherer und erfüllender für alle Beteiligten zu gestalten. Wie so oft gilt auch hier, ich habe versucht möglichst gute Informationen zusammenzustellen, allerdings ist die Interpretation der Begriffe immer noch meine persönliche Meinung und kann/darf damit gerne auch von deiner Meinung abweichen.
Glücklicherweise musst du dich nicht auf eines der Modelle festlegen und kannst nur noch nach diesem einem Leben. Allerdings helfen diese aus meiner Sicht eine gute Grundlage für die Kommunikation zu schaffen, wie ihr BDSM praktizieren wollt. Natürlich gibt es auch Überschneidungen, haben sich doch einige Modelle aus anderen Modellen heraus entwickelt.
Aber genug der Einleitung, hier die verschiedenen Philosophien und ihre Erklärung..
Die Philosophien
SSC
SSC steht für „Safe, Sane, Consensual“ (Sicher, Vernünftig, Einvernehmlich). Dieses Modell betont die Bedeutung von Sicherheit, Vernunft und Einverständnis in BDSM-Beziehungen. Es besagt, dass alle BDSM-Aktivitäten sicher sein sollten, dass die Beteiligten bei klarem Verstand sein sollten und dass alle Aktivitäten auf beiderseitigem Einverständnis beruhen sollten.
Das heißt, ein Spiel ohne Safeword widerspräche den Regeln von SSC, dafür aber denen von RACK. Allerdings ist hier schon die Frage, ob zum Beispiel das Spiel mit Peitschen noch zu SSC gehört. Hier können und werden Verletzungen auftreten, was damit dem Punkt „Sicher“ widerspricht.
Aus genau solchen Punkten heraus hat sich dann RACK entwickelt.
RACK
RACK steht für „Risk Aware Consensual Kink“ (Risikobewusster-, Einvernehmlicher-, Kink). Dieses Modell betont die Notwendigkeit, sich der Risiken bewusst zu sein, die mit BDSM-Aktivitäten einhergehen können, und dass beide Partner sich einig sein sollten. Im Gegensatz zum SSC-Modell erkennt RACK an, dass BDSM-Aktivitäten niemals vollständig sicher sein können, und dass jeder Partner die Verantwortung hat, die Risiken zu verstehen und geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Anders gesagt, uns ist klar, dass das was wir tun nicht „verletzungsfrei“ ist, achten aber dabei darauf in gewissen Grenzen zu bleiben und uns der möglichen Gefahren, wie zum Beispiel blaue Flecke / blutende Wunden / möglicherweise Narben, bewusst zu sein.
PRICK
PRICK steht für „Personal Responsibility, Informed Consensual Kink“ (Persönliche Verantwortung, Informierter, einvernehmliche Kink). Dieses Modell betont, dass jeder Partner eine persönliche Verantwortung hat, sich über die Risiken von BDSM-Aktivitäten zu informieren und geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen beziehungsweise für sich zu entscheiden, ob ihr gewillt seid, diese Risiken einzugehen. Es betont auch die Bedeutung von Einverständnis und informierter Zustimmung. Damit ist PRICK eine Erweiterung von RACK welche die persönliche Verantwortung betont.
Wichtig finde ich hier außerdem den Punkt „informierter Zustimmung“. Die meisten können vermutlich abschätzen, wie viel Schaden eine Hand mit Schlägen auf den Hintern verursachen kann. Aber ohne sich zu informieren ist sicherlich nicht jedem klar, dass ein Flogger zum Beispiel auch die Nieren schwer schädigen kann und damit auch zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen könnte.
CIS
CIS steht für „Complete and Irrevocable Submission“ (Vollständige und unwiderrufliche Unterwerfung). Dieses Modell sieht Konsens maximal bei der ersten Zustimmung vor. Danach wird der/die Sub nur noch wie ein:e Sklave:in ohne Rechte behandelt.
Das Modell kommt hauptsächlich in Geschichten oder Fantasien zu tragen. Im echten Leben sehe ich hier, neben den rechtlichen Problemen, dass sich Menschen der Bedeutung einer solchen Entscheidung auf Lebenszeit nicht klar sein dürften. Auch, dass sich die Lebensumstände immer wieder ändern und damit das ganze auch problematisch werden dürfte.
Erwähnen wollte ich es dennoch der Vollständigkeitshalber.
DEBRIS
DEBRIS steht für „Domination Enhanced Beyond Rule Induced Superiority“ (Erweiterte Herrschaft jenseits herrschaftsinduzierter Überlegenheit). Ein sperriger Begriff, der im Prinzip zum Ausdruck bringen soll, dass die submissive Person mit der initialen Einwilligung sämtliche Rechte abgibt und an den/die Herr:in abgibt. Sehr ähnlich also zu CIS, allerdings wenigstens mit der „offiziellen“ Möglichkeit, die Einwilligung auch wieder zu widerrufen. Allerdings eben nur die Einwilligung zu dem „Vertrag“ nicht aber zu Handlungen und dergleichen, die aktuell durchgeführt werden.
Frei nach dem Motto „Ganz oder gar nicht“. Aus meiner Sicht daher definitiv auf keinen Fall für Anfänger gedacht. Und auch bei „Fortgeschrittenen/Profis“ sehr ich diese Praktik immer noch als zweifelhaft. Aber nur weil ich mir das nicht vorstellen kann, heißt es ja nicht, dass es nicht irgendwen glücklich machen kann, genau so zu leben.
CRASH
CRASH steh für „Consensual, Risk Aware, Shit Happens“ (Einvernehmlich, Risikobewusst, Scheiße passiert). Das Modell ist schon deutlich weniger bekannt. Prinzipiell eine Erweiterung von RACK, welche zusätzlich darauf eingeht, dass es zu Unfällen kommen kann und man damit rechnen soll.
Es wird schlicht vorkommen, dass doch mal unerwartet ein blauer Fleck entsteht, etwas zu bluten anfängt, oder dass ein Schlag daneben geht. Seid euch dessen einfach bewusst, dann könnt ihr auch damit umgehen, wenn es dann mal so weit ist.
CNC
CNC steht für „Consensual Non-Consent“ (Sozusagen also „Zugestimmte, nicht Zustimmung“). Hierbei gibt der/die Buttom der dominanten Person die Zustimmung zu machen, was diese möchte. Je nachdem wie die beteiligten Parteien das auslegen, wird vorher über Soft- und Hardlimits gesprochen, oder eben nicht. Als Beispiel sei hier das „Rapeplay“ genannt, welches eine gespielte Vergewaltigung ist.
Aus meiner Sicht eine spannende Dynamik, bei der aber unbedingt ein Safeword vorhanden sein sollte, da solche Worte wie „Nein, bitte nicht“ und dergleichen teil des Spiels sein können.
CCCC / 4C
CCCC steht für „Caring, Communication, Consent, Caution“ („Fürsorge, Kommunikation, Zustimmung, Vorsicht“). Bei dieser Philosophien wird das Wort „Risiko“ bewusst vermieden und mehr auf die positiven Aspekte des gemeinsamen Spiels eingegangen.
Caring/Fürsorge meint dabei nicht zwingend „Liebe“. Allerdings, dass man sich um die Bottom Person kümmert, mit der man spielt, selbst wenn es ein CNC Spiel sein sollte. Communication/Kommunikation sowie Consent/Zustimmung sollte denke ich aufgrund der vorherigen Begriffe inzwischen klar sein 😉 Und Caution/Vorsicht soll hierbei zum Ausdruck bringen, dass man mit gesundem Menschenverstand an die Sache herangeht. Aus meiner Sicht also noch einmal sehr ähnlich zu RACK und fügt diesem den Fokus auf Fürsorge und Kommunikation hinzu.
Relevanz solcher Begrifflichkeiten
Letzten Endes sind das alles aber nur Modelle/Philosophien und von Ausnahmen wie CIS/DEBRIS abgesehen solltet ihr eure Spielpartner:innen suche nicht von der Philosophien abhängig machen. Viel wichtiger als genau nach diesen Konzepten zu leben ist, dass ihr wisst, wer wann Top/Bottom ist und was für euch okay ist. Diese Philosophien sind aus meiner Sicht lediglich eine Hilfe bei der Kommunikation.
Welche Philosophien/Modelle kennt ihr noch und nach welchem Modell spielt ihr? Wie immer freue ich mich über Kommentare und Meinungen 😃
Margarita
18. August 2024 at 10:35Hey,
sehr informativ und verständlich geschrieben.
Danke dafür!
Margarita
Chris
18. August 2024 at 18:53Hallo Margarita,
freut mich, dass er dir geholfen hat, sehr gerne 🙂