Wheel of Consent – Ein Werkzeug für mehr Klarheit, Konsens und Intimität

Auch wenn das hier ein deutschsprachiger Blog ist, bleibe ich beim englischen Begriff Wheel of Consent. Die deutsche Übersetzung „Einwilligungsrad“ klingt für mich sehr strange und hat sich auch in der deutschsprachigen Szene nicht wirklich durchgesetzt.

Aber was genau ist das Wheel of Consent?

Das Wheel of Consent wurde von Dr. Betty Martin entwickelt (zur offiziellen Website). Es hilft, deutlicher zu verstehen, für wen eine Handlung ist – also wer sie bekommt – und wer sie ausführt. Besonders im Kontext von Berührung, Intimität und Sexualität kann dieses Modell eine echte Offenbarung sein. Es bringt Klarheit in Situationen, die oft unbewusst oder automatisch ablaufen.

Ein einfaches Beispiel

Stell dir vor, Leo massiert Dany. Klingt nach einer klaren Sache, oder? Dany wird massiert – also bekommt Dany die Massage, richtig?

Nicht unbedingt. Vielleicht möchte Leo das Massieren üben oder genießt es einfach, Dany zu berühren – unabhängig davon, ob Dany das aktiv möchte oder einfach nur „okay“ damit ist. In dem Fall ist nicht Dany, sondern Leo die empfangende Person – Leo nimmt, obwohl Dany die Massage bekommt.

Diese feine Unterscheidung macht das Wheel of Consent sichtbar. Es unterteilt zwischen „Wer handelt?“ und „Für wen ist die Handlung?

Die vier Quadranten des Wheel of Consent

Die vier Quadranten stehen aber nicht jeder für sich. Normalerweise sind Dienen/Empfangen und Erlauben/Nehmen miteinander verbunden.

Das Modell unterteilt die Interaktionen in vier Bereiche:

Handlung für wen?Wer handelt?QuadrantBeispiel
Für die andere PersonIch handleDienenLeo massiert Dany, weil Dany das möchte.
Für mich selbstIch handleNehmenLeo fragt, ob er Dany massieren darf, um zu üben.
Für die andere PersonDie andere Person handeltErlaubenDany erlaubt Leo, sie zu massieren.
Für mich selbstDie andere Person handeltEmpfangenDany bittet Leo um eine Massage.

Von außen sieht jede dieser Situationen gleich aus – eine Massage findet statt. Doch die innere Dynamik ist jeweils eine andere.

Warum ist das Wheel of Consent so wichtig?

Das Wheel of Consent schärft dein Bewusstsein für deine Intentionen. Wenn du weißt, aus welchem Quadranten du handelst, kannst du:

  • klarer kommunizieren, was du willst (und was nicht),
  • besser wahrnehmen, was dir guttut,
  • tiefere Verbindung mit dir selbst und anderen erleben,
  • Grenzen und Konsens bewusster gestalten.

Gerade im Alltag, in Partnerschaften oder auch in kinky oder hypnotischen Kontexten kann es leicht passieren, dass jemand etwas gibt, aber eigentlich etwas nimmt – z. B. eine Massage nur deshalb gibt, weil er/sie sich im Gegenzug Sex erhofft. Das ist kein Dienen mehr, sondern ein verdecktes Nehmen – und kann auf Dauer Beziehungen vergiften.

Das 3-Minuten-Spiel – Konsens erleben

Ein praktisches Tool, um die vier Quadranten des Wheel of Consent direkt zu erfahren, ist das sogenannte 3-Minuten-Spiel, entwickelt von Betty Martin. Es ist eine strukturierte Partnerübung, die Bewusstsein für eigene Bedürfnisse und Grenzen schafft.

So funktioniert’s:

Zwei Personen durchlaufen abwechselnd diese zwei Fragen – jeweils für drei Minuten:

  1. Was möchtest du, dass ich drei Minuten lang mit dir mache? (→ Du empfängst. Die Handlung ist für dich.)
  2. Was möchtest du drei Minuten lang mit mir machen? (→ Du nimmst. Du fragst, ob du etwas mit der anderen Person tun darfst.)

In jeder Runde wird genau definiert:

  • Wer handelt?
  • Wer bekommt die Handlung?
  • Was genau wird gewünscht?
  • Gibt es ein klares, echtes Ja?

Nach drei Minuten wird die Rolle gewechselt, bis alle vier Quadranten erlebt wurden.

Wichtig:

Nach jeder Frage wird empfohlen, rund 30 Sekunden innezuhalten, bevor die Handlung beginnt. So kann man ehrlich in sich hineinspüren:

Will ich das wirklich? Ist mein Ja ein echtes Ja? Oder eher ein „Ich will nicht unhöflich sein“?

Und natürlich darf auch während der 3 Minuten alles geändert werden:

Ein Ja kann ein Nein werden. Ein Wunsch darf neu formuliert werden. Konsens ist ein lebendiger Prozess.

Verbindung zum BDSM- und Hypnose-Kontext

Gerade im BDSM oder bei Hypnose-Sessions ist das Wheel of Consent ein kraftvolles Werkzeug. Denn es hilft, Intentionen zu klären, Erwartungen zu entschärfen und ehrlicher zu kommunizieren.

Vor einer Session reden viele über Vorlieben und Tabus – aber nicht immer über die innere Motivation:

  • Tue ich das für dich oder für mich?
  • Möchte ich geben, oder nehmen?

Wenn beide klar wissen, aus welchem Quadranten sie handeln, entsteht oft mehr Sicherheit, Vertrauen und Tiefe. Das öffnet den Raum für freieres, lustvolleres Spiel – egal ob soft oder extrem, sinnlich oder hypnotisch.

Fazit: Mehr Tiefe durch Klarheit

Für mich persönlich ist das Wheel of Consent ein Werkzeug, zu dem ich immer wieder zurückkehre. Es hat meine Sicht auf Berührung, Intimität verändert – und das nicht nur im sexuellen Kontext.

Du musst das Modell nicht ständig im Kopf haben. Aber dich regelmäßig zu fragen:

„Bin ich gerade im Nehmen, im Dienen, im Empfangen oder im Erlauben?“

…kann schon vieles verändern – in Beziehungen, in Sessions, in deinem Gefühl zu dir selbst.

Wenn du dir das Wheel of Consent mal in der Tiefe anschauen möchtest, kann ich dir das Buch von Betty Martin sehr empfehlen:

The Art of Receiving and Giving: The Wheel of Consent

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